Serpentinkrug, 17. Jh. (HG 9301)

Serpentinkrug, 17. Jh. (HG 9301)
Inv.Nr.
HG 9301
Zugangsregisternr.
ZR 1939/25
Material
Serpentin, Zinn (Fassung, Mundband), graviert (Deckel)
Maße
Höhe 13,3 cm
Durchmesser 12 cm
Sammlung
Kunsthandwerk bis 1800
Objektuntersuchung
auf Unterseite, Reste einer roten Beschriftung (?), nicht lesbar [mit Dank an Dr. Heike Zech, GNM]
DatumProvenienz
18.04.1939Germanisches Nationalmuseum, erworben von Beck (Wilhelm Beck Antiquitäten)[1]
Die Provenienz für den Zeitraum 1933 bis 1945 ist bedenklich, es liegen Verdachtsmomente vor.

Den Krug erhielt das Museum im April 1939 im Kontext des Ankaufs von Gm 1391 und Gm 1392 vom Nürnberger Kunsthändler Wilhelm Beck zum Geschenk. Auf der Karteikarte ist als Schätzwert 40 RM angegeben.

Aufgrund großer Ähnlichkeiten bestand zunächst der Verdacht, der Krug könne identisch sein mit einem Serpentinkrug aus dem früheren Eigentum des jüdischen Nürnberger Hopfenhändlers und Blechspielwarenfabrikanten Abraham Adelsberger (Hockenheim 1863−1940 Amsterdam), der 1939 mit seiner Familie nach Amsterdam emigrieren musste.[2] Rund 600 Objekte seiner Sammlung waren bereits 1930 beim Münchner Versteigerungshaus Hugo Helbing eingeliefert worden, darunter ein Serpentinkrug.[3] Aktuell wird der Krug auf Lost Art per Suchmeldung gesucht.[4]

Ein Abgleich der Abbildung im Helbing-Auktionskatalog mit dem Serpentinkrug des Germanischen Nationalmuseums ließ jedoch klare Unterschiede insbesondere in Einzelheiten wie der Form des Deckels, der Daumenrast und der Zinneinfassungen erkennen. Beim Krug des Germanischen Nationalmuseums handelt es sich also nicht um den Krug aus ehemaligem Adelsberger-Besitz.

Aufgrund der Herkunft von Beck kann ein NS-verfolgungsbedingter Entzug jedoch dennoch nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Wie aus Unterlagen der Gestapo Nürnberg hervorgeht, wurde im Frühjahr 1939 gegen Beck ermittelt, da er nach der Pogromnacht 1938 Objekte aus jüdischem Besitz erwarb. Unter den in den Dokumenten genannten Objekten werden zahlreiche Zinnobjekte sowie ein nicht näher bezeichneter Krug erwähnt. Ob es sich bei einem dieser Objekte um den Serpentinkrug handeln könnte, ist nicht mit Sicherheit festzustellen.[5] Auch ist den Unterlagen nicht eindeutig zu entnehmen, ob sich die Objekte zum Zeitpunkt der Gestapo-Ermittlungen noch im Besitz Becks befanden oder ob er diese bereits weiterveräußert hatte.

 

 



[1] Registrar GNM, Zugangsregister, Inventarbuch, Inventarkarte zu HG 9301 (Schätzwert 40 RM). – HA GNM, GNM-Akten K 6765, Hauptmuseumsfonds Ausgabebelege 1939, Beleg Nr. 11/8, Rechnung Wilhelm Beck, 15.4.1939, über die beiden mit dem Krug erworbenen Gemälde Gm 1391, Gm 1392, auf der Rechnung verzeichnet „1 sächsischer Serpentinkrug als Stiftung“.

[2] Manfred H. Grieb (Hrsg.): Nürnberger Künstlerlexikon: Bildende Künstler, Kunsthandwerker, Gelehrte, Sammler, Kulturschaffende und Mäzene vom 12. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Berlin 2007, S. 9. Sterbedatum- und -ort sind hier fälschlicherweise mit Nürnberg 1930 angegeben.

[3] Sammlung A. Adelsberger, Nürnberg. 2 Bde. Aukt.Kat. Hugo Helbing, München, 8.–10. Oktober 1930, hier Bd. 2: Steingut, Steinzeug, europäisches Porzellan, ostasiatisches Porzellan und Kunstgewerbe, Orientteppiche, Zinnarbeiten, Losnr. 359, Taf. III, URL: https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/helbing1930_10_08bd2/0078, https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/helbing1930_10_08bd2/0087 [02.12.2015].

[4] S. die Suchmeldung zum Serpentinkrug http://www.lostart.de/DE/Verlust/254406 [12.3.2018].

[5] StAN, Staatspolizeistelle Nbg.-Fürth, Arisierungsakten, Rep 218/1 II, Nr. 8, Nr. 34, 35, Nr. 299. Genannt werden ein „Becher“, erworben für 10 RM von Bernh. Bing, Sulzbacherstr. 17; „2 Zinnkannen“, erworben für 18 RM von Dr. […] Frank, Hindenburgstr. 29, Fürth; „Zinn-Sachen“, erworben für 25 RM von […] Kahn, Sandstr. 27, Nbg.; „1 Krug“, erworben für 25 RM von […] Reitzenstein, Paradiesstr. 13, Nbg.; „10 Zinnteller, 2 Kannen“ sowie „4 antike Zinnkannen“, erworben für 21 RM bzw. 40 RM von [Josef?] Stern, Rosenaustr. 9, Nbg. Für die Recherchen danke ich Julia Woltermann, Nürnberg.

Bearbeitung
AE (Text und Recherche)
JW (Recherche)