Lion (Brüder Lion)

Lion (Brüder Lion)
Adresse
Maximiliansplatz 14/Rochusberg 4, München (1922 bis 1936)
Hotel Esplanade, Bellevuestraße 1, Berlin (1929 bis 1933)

 

Die Brüder Louis, Hans (beide studierte Ingenieure) und Fred (Fritz) Lion gründeten 1922 in München die Kunsthandlung „Brüder Lion“. Das Geschäft umfasste 11 Ausstellungsräume auf zwei Stockwerken auf dem Grundstück Maximiliansplatz 14/Rochusberg 4. Aussagen von Zeitgenossen zufolge war die Kunsthandlung „Brüder Lion“ eine der bekanntesten in München, zu deren Kunden internationale Museen zählten.  Geschäftsführer ab 1924 war Adolf Reidel. 1929 wurde die von Fred geleitete Berliner Filiale gegründet.

Fred und Hans betrieben zudem in Marienbad (Marianské Lázně), Tschechien, die nur in den Sommermonaten geöffnete Kunsthandlung „Galerie Lion“. 1888 vom Vater Jakob Lion gegründet, war sie nach dessen Tod zunächst von der Mutter Rosa Lion weitergeführt worden. Louis Lion war vor Gründung der Münchner Kunsthandlung seit 1910 durch Einheirat (in erster Ehe) Teilhaber der Kunsthandlung Theodor Einstein in München gewesen.

Unter dem Druck des NS-Regimes musste die Berliner Filiale bereits 1933 schließen. Für das Münchner Unternehmen erhielten die Brüder Lion im August 1935 von der Reichskulturkammer der bildenden Künste die Aufforderung zur Schließung, der Betrieb wurde zum 1. Januar 1937 eingestellt. Der Großteil des verbliebenen Bestands wurde im Auktionshaus Lempertz, Köln (Auktion vom 18./19.3.1937) und bei Hugo Ruef, München, versteigert, weitere Teile an die Kunsthändlerin Anna Landsberg, München, in Kommission gegeben, wo sie beschlagnahmt wurden. Die Marienbader Galerie wurde mit der Besetzung des Sudetenlands durch das Deutsche Reich im Oktober 1938 unter Verwaltung eines „Treuhänders“ gestellt. Die zuvor von den Brüdern Lion nach Prag geschafften Bestände der Galerie wurden dort 1939 nach der Besetzung durch die Deutschen von der Gestapo beschlagnahmt und gelangten zum Teil in den freien Verkauf.

Zwischen Ende 1936 und Mitte 1937 emigrierten die drei Brüder, unter Verlust fast ihres gesamten Vermögens, mit ihren Familien – Hans nach Frankreich, Louis und Fred nach New York.

In New York bestand um 1940 eine Galerie „Arnot & Lion Galleries Inc.“, 743 Fifth Avenue, die aber wohl allein von Stephan C. (Karl Stefan) Lion, geb. 1916, dem Sohn von Louis, betrieben wurde. Louis und Fred waren in New York ab 1942 in offenbar bescheidenen Verhältnissen als Kommissionäre für andere Kunsthandlungen tätig.

Ein Firmennachlass konnte bislang nicht nachgewiesen werden. Gemälde und Grafiken der Kunsthandlung Lion wurden in der rechten oberen Ecke mit einer Lagernummer mit schwarzem oder blauem Ölstift versehen, die aus einer Zahl und dahinter dem Kürzel „/H“ oder „/HF“ besteht.

                                                                                                                                                                           

Quellen

Berlin, Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen, BADV, 82 WGA-5959/59 bis 5961/59, OFD Berlin, Fred Lion; BADV BA 991, OFD München, Louis Lion.

Berlin, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, LABO 317037 verbunden mit 320639, Fred Lion.

Berlin, Landesarchiv, A Rep. 093-03, Nr. 52171, Oberfinanzpräsident Berlin, Steuerakte Friedrich (Fred) Lion; B Rep 25-8, 82 WGA 5959-61/59, verbunden mit 82 WGA 7053-54/59, Erben nach Fred Lion.

München, Bayerisches Hauptstaatsarchiv, BayHStA LEA 2385, Louis Lion; BayHStA LEA 23352, Hans Lion.

München, Staatsarchiv, StA OFD München 10509, Johann Lion; StA OFD München 10511, Louis Lion; StA Vermögenskontrolle München-Stadt 78, Brüder Lion; StA Vermögenskontrolle München Stadt 1821, Brüder Lion; StA WB Ia 482, Wiedergutmachungsbehörde I, Brüder Lion; WB Ia 1717, Wiedergutmachungsbehörde I, Louis Lion.

München, Stadtarchiv, Gewerbeakten, Eintrag Lion; Gewerbelisten, Eintrag Lion.

Potsdam, Brandenburgisches Landeshauptarchiv, BLHA Rep. 36 A II, Nr. 23572, Lion, Friedrich.

Washington, DC, National Archives, NARA M1944, Records of the American Commission for the Protection and Salvage of Artistic and Historic Monuments in War Areas, 1943-1946, Staff Correspondence, compiled 1943 - 1945, documenting the period 1942 – 1945, Miscellaneous Correspondence — "L", S. 36-39; Roll: 0020; NARA Catalog ID: 1518805; https://www.fold3.com/image/270027397 [15.9.2016].

 

Literatur

Meike Hopp: Kunsthandel im Nationalsozialismus. Adolf Weinmüller in München und Wien. Köln, Weimar, Wien 2012, S. 55.

Karin Leitner-Ruhe: Causa Lion. Hans und Louis Lion, Wien. In: Universalmuseum Joanneum GmbH (Hrsg.): Restitutionsbericht 1999–2010. Graz 2010, S. 58–59.

 

 

Dieser Text erscheint 2019 auf Englisch im Art Market Dictionary bei De Gruyter.

 

Siehe zu den Brüdern Lion auch:

Anja Ebert: Louis, Hans und Fred Lion – Kunsthändler in München, Berlin und Marienbad. In: Anja Ebert, Timo Saalmann: Gekauft – Getauscht – Geraubt? Erwerbungen des Germanischen Nationalmuseums zwischen 1933 und 1945 – Weitere Ergebnisse der Provenienzforschung. Hrsg. von Anne-Cathrin Schreck. Nürnberg 2019, S. 35–49, URL: http://books.ub.uni-heidelberg.de/arthistoricum/catalog/book/393.

 

Bearbeitung
AE