Meister der Grazer Danielstafel, Krankenheilung, Krankensalbung oder Sterbeszene, um 1490/1500 (Gm 1412)

Meister der Grazer Danielstafel, Krankenheilung, Krankensalbung oder Sterbeszene, um 1490/1500 (Gm 1412)
Inv.Nr.
Gm 1412
Zugangsregisternr.
ZR 1941/66
Material
Malerei auf Nadelholz
Maße
Höhe 94 cm
Breite 82 cm
Sammlung
Malerei bis 1800 und Glasmalerei
Objektuntersuchung
Rückseitig zwei waagerechte stabilisierende Holzleisten, auf der oberen mit schwarzer Farbe „250.“.
DatumProvenienz
spätestens 25.05.1935Kloster Admont, erworben von Unbekannte(r) Vorbesitzer [1]
zwischen spätestens 25.05.1935 und spätestens 25.11.1935Verbleib unbekannt
spätestens 25.11.1935Galerie Sanct Lucas, Wien, erworben von Unbekannte(r) Vorbesitzer [2]
zwischen spätestens 25.11.1935 und 27.04.1940Verbleib unbekannt
27.04.1940Hermann Voigt, Neuwied am Rh., erworben auf der Auktion Lempertz (Kunsthaus Lempertz), Köln, Los-Nr. 2 [3]
21.08.1941Germanisches Nationalmuseum, erworben durch Kauf von Hermann Voigt[4]
Die Provenienz für den Zeitraum 1933 bis 1945 ist bedenklich, es liegen Verdachtsmomente vor.

Spätestens 25.5.1935 Kloster Admont, Admont[1]

Spätestens 25.5.1935 - Spätestens 26.11.1935 Verbleib unbekannt

Spätestens 26.11.1935 Galerie St. Lucas, Wien[2]

Spätestens 26.11.1935–27.4.1940 Verbleib unbekannt

27.4.1940 Hermann Voigt, Neuwied am Rh./Wien, erworben aus Auktion Kunsthaus Lempertz, Köln, Los-Nr. 2[3]

seit 21.8.1941 Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg, erworben durch Kauf von Hermann Voigt, Neuwied am Rh./Wien[4]

 

(Provenienz nicht bekannt; Verdacht: Versteigerung Lempertz)

 

Die als „Krankenheilung des Hl. Wolfgang“ bezeichnete Tafel wurde am 21. August 1941 von Hermann Voigt angekauft.

Das Gemälde befand sich bis 1935 im österreichischen Benediktinerstift St. Admont (Steiermark). Mitte der dreißiger Jahre befand sich das Stift in einer wirtschaftlichen Schieflage. Um die hohen Schulden, die durch den Gebäudeunterhalt und die allgemeinen Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise entstanden waren, abzubauen, wurde Dr. Bonifaz Zölß beauftragt, die Finanzen zu sanieren. Dabei wurden Ländereien sowie auch kunst- und kulturhistorische Objekte verkauft.[5] Über den Verkauf des Gemäldes des Meisters des Angrer-Bildnisses liegen im Archiv des Stifts keine Unterlagen vor.[6] Der Erwerb durch die Galerie St. Lucas, Wien, 1935 ist gleichwohl sicher. In einer Schätzpreisliste der vom Stift Admont zum Verkauf vorgesehenen Kunstgüter wird die Tafel als Nummer 5 genannt; Thema und Maße (94x82 cm) sind identisch, die Zuschreibung lautet: „Steierisch unter Einfluß Michael Pachers um 1490“, der Titel „Krankenheilung des hl. Wolfgang“. Zugehörig war demnach 4) „vom selben Altar“ die „Predigt des Hl. Wolfgang (oben beschnitten) 90 x 82 cm“. Zudem der Hinweis „4 und 5 wären nicht zu trennen, da 4 beschnitten“. Beide Stücke sollten 5.000 Schilling kosten. Der Direktor des Kunsthistorischen Museums Wien teilte dem Denkmalamt mit, dass die Krankenheilung „hierorts bekannt“, aber unter Umständen für das „Österreichische Museum“ interessant sei, die Predigt des Heiligen Wolfgang dagegen sei bereits an den Sammler Oskar Bondy verkauft worden.[7] Ob dies den Tatsachen entspricht, ist nicht klar; Bondys Sammlung wurde 1938 durch die Nationalsozialisten entzogen.[8] Weder die Predigt noch die Krankenheilung konnten bisher der Sammlung Bondy zugewiesen werden.[9]

Gegen den Verkauf an Bondy spricht, dass beide Admonter Wolfgang-Tafeln von der Galerie St. Lucas ausgestellt wurden. Das spätere Gm 1412 ist in dem Katalog der Galerie St. Lucas abgebildet. In der bis Heiligabend 1935 gezeigten Ausstellung wurden zahlreiche Stücke aus dem Stift Admont angeboten. Karl Oettinger würdigt das Gemälde eingehend in der Zeitschrift „Pantheon“.[10]

Der oder die Besitzer des Gemäldes von 1936 bis 1940 konnten noch nicht ermittelt werden. Eine Anfrage bei der Galerie St. Lucas blieb erfolglos; dort liegen keine Informationen über Kauf und Verkauf der Tafel vor.[11]

Das Bild wird auf der 408. Versteigerung von Lempertz am 26./27. April 1940 angeboten. Es ist als „Angrermeister (Meister des Angrerporträts), Tirol um 1520“ unter dem Titel „Altarflügel. Der heilige Wolfgang heilt einen Kranken“ als Nr. 2 verzeichnet. Die Tafel kam am ersten Tag der Auktion zum Aufruf und war laut Schätzpreisliste mit 20.000 RM taxiert. Im Katalog findet sich kein Hinweis darauf, dass in dieser Versteigerung „nichtarischer Besitz“ versteigert worden wäre. Der Einlieferer des Gemäldes wird als „33“ geführt; mehrere Bilder stammen aus diesem Besitz.[12] Die Tafel ist nicht versteigert worden, wie die Auktionsergebnisse in der Weltkunst belegen.[13] Voigt muss das Gemälde im Nachverkauf der Kölner Ausstellung erworben haben. Denn schon am folgenden Tag, dem 27. April 1940, bietet er das Gemälde dem Kunsthistorischen Museum Wien an. Voigt, der zwischenzeitlich in Wien tätig war, bot dem Germanischen Nationalmuseum die Tafel am 1. August 1941 von dort an. Kohlhaußen fährt zu Begutachtung nach Wien und erwirbt dort das Gemälde.[14]



[1] Kunsthistorisches Museum, Wien, Archiv, 293 AK 35, Schätzungsprotokoll Karl Garzarolli, 25.5.1935 (Frdl. Auskunft Susanne Hehenberger, E-Mail vom 7.5.2015).

[2] Gotische Malerei aus Österreich. Ausstellung veranstaltet von der Galerie Sanct Lucas, 26. November-24. Dezember 1935, Wien 1935, S. 12, Nr. 12 (s/w-Abb. Tafel 9). – Zusammen mit einer Tafel „Predigt des Hl. Wolfgang vor dem Spötter“ vmtl. von gleicher Hand (S. 12, Nr. 13, o. Abb.).

[3] Gemälde alter und neuzeitlicher Meister, Porzellan, Fayence, Steinzeug, verschiedene Metallarbeiten, antike Möbel, Orientteppiche (Math. Lempertz’sche Kunstversteigerung, 408). Aukt.Kat. Lempertz 1940 26./27. April, S. 5–6, s/w-Abbildungen Tafel 1 und 2. – Kunsthistorisches Museum Wien, Archiv, GG, Korrespondenz Hermann Voigt, 27.4.1940 – Susanne Hehenberger, Kunsthistorisches Museum Wien, danke ich für die frdl. Auskunft und die Bereitstellung eines Scans, E-Mail vom 7.5.2015.

[4] GNM, Registrar, Zugangsregister, Inventarbuch, Inventarkarte zu Gm 1412 (Kaufpreis: 44.000 RM).

[5] Bernhard Sebl: Besitz der „toten Hand“. Entziehung und Restitution des Vermögens der Benediktinerstifte Admont und St. Lambrecht (Veröffentlichungen des Steiermärkischen Landesarchivs 32). Graz 2004, S. 25–26.

[6] Lt. Mitteilung von Johann Tomaschek, Archivar von Stift Admont, vom 24.1.2011 (Frdl. mündl. Auskunft Daniel Hess).

[7] Kunsthistorisches Museum, Wien, Archiv, 294 AK 35, Stix an Zentralstelle für Denkmalschutz, 18.7.1935 Frdl. Auskunft Susanne Hehenberger, E-Mail vom 7.5.2015).

[8] Sophie Lillie: Was einmal war. Handbuch der enteigneten Kunstsammlungen Wiens. Wien 2003., S. 216–245.

[9] Recherche im BDA Wien.

[10] Karl Oettinger: Zur Herkunft des Angrermeisters. In: Pantheon 17, 1936, S. 186–191.

[11] E-Mail von der Galerie St. Lucas, 24.11.2014.

[12] Gemälde alter und neuzeitlicher Meister, Porzellan, Fayence, Steinzeug, verschiedene Metallarbeiten, antike Möbel, Orientteppiche (Math. Lempertz’sche Kunstversteigerung, 408). Aukt.Kat. Lempertz 1940 26./27. April, S. 4.

[13] Weltkunst, Jg. XIV, Nr. 19/20 vom 12. Mai 1940, S. 3 (http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/weltkunst1940/0011) [16.3.2018].

[14] HA GNM, GNM-Akten, K 236, Kohlhaußen an Röthel, 17.8.1941.

Bearbeitung
TS