Boos, Roman Anton (1733-1810), Kurfürst Maximilian III. Joseph von Bayern (1727-1777), 1777 (um) (Pl.O. 2800)

Boos, Roman Anton (1733-1810), Kurfürst Maximilian III. Joseph von Bayern (1727-1777), 1777 (um) (Pl.O. 2800)
Inv.Nr.
Pl.O. 2800
Zugangsregisternr.
ZR 1941/56
Künstler (frühere Zuschreibung)
Messerschmidt, Franz Xaver (1736-1783)
Material
Blei, vergoldet; Sockel: Holz
Maße
Höhe mit Sockel 43 cm
Höhe ohne Sockel 31 cm
Breite 29 cm
Tiefe 22 cm
Sammlung
Skulptur bis 1800
Objektuntersuchung
kein Befund
DatumProvenienz
05.08.1941Germanisches Nationalmuseum, erworben durch Kauf von Lockner (Antiquitäten Hermann Lockner)[1]
Die Provenienz für den Zeitraum 1933 bis 1945 ist bedenklich, es liegen Verdachtsmomente vor.

Die Büste wurde 1941 gemeinsam mit der großen Fayencevase Ke 639 und der Fayenceplatte Ke 2068 beim Würzburger Kunsthändler Hermann Lockner für insgesamt 5.000 RM erworben. Der Preis der Büste belief sich vermutlich auf 4.000 RM, zu diesem Preis bot Lockner sie jedenfalls dem Germanischen Nationalmuseum an. Beim Erwerb galt die Büste als Arbeit Franz Xaver Messerschmidts.

Eine Bleibüste von der Hand Messerschmidts, die Prinz Albert-Kasimir von Sachsen-Teschen in Weste und Rock mit Spitzenjabot und dem Abzeichen des Goldenen Vlieses zeigt (H. 48 cm), wurde 1921 bei Lepke in Berlin versteigert.[2] Aufgrund der Identifizierung des Dargestellten und der leicht abweichenden Maße erscheint die Identität mit Pl.O. 2800 eher unwahrscheinlich.

Eine weitere im Kunsthandel nachweisbare Büste eines Mannes in Uniform mit goldenem Vlies aus gelber Bronze (ohne Zuschreibung an Messerschmidt), H. 21 cm, wurde am 8.7.1940 bei Weinmüller in Wien unter Los-Nr. 478 versteigert und ging an den (unbekannten) Einlieferer zurück.[3] Aufgrund der abweichenden Maße erscheint es auch hier eher unwahrscheinlich, dass es sich um die Büste des Germanischen Nationalmuseums handelt.

Hermann Lockner (geb. 12.8.1894, Würzburg) übernahm 1927 den von seinem Vater 1889 gegründeten Kunsthandel Lockner in Würzburg.[4] Lockner war Sachverständiger für Antiquitäten in der Reichskulturkammer und seit Mai 1933 Mitglied der NSDAP.[5] Aus Reiseanträgen in der Gestapo-Akte Lockners geht hervor, dass er und seine Frau Hildegard (geb. Brennfleck, 8.5.1909, Würzburg) 1939, 1940 und 1941 mehrmals in Italien sowie in Ungarn waren und dort 1939 und möglicherweise auch früher Kontakt zu den Kunsthändlern Brunati/Mailand, Copaletti/Trient, Löwi/Venedig und Kronau/Bozen hatten.[6] Soweit die Kunsthandlungen identifiziert werden konnten, waren sie spätestens seit 1940 nicht mehr tätig: Der Kunsthändler Adolph Loewi, Venedig verließ Italien im Frühjahr 1939, Rudolf Kronau (geb. Krohn) schloss seine Kunsthandlung in Bozen im Dezember 1939 und flüchtete 1943 in den Vatikan.[7]

Aus Auktionsprotokollen im Landesarchiv Berlin ist ersichtlich, dass (vermutlich der Würzburger) Lockner 1936 auf einer Auktion bei Paul Graupe als Käufer auftrat.[8] Die Büste konnte in keiner der in Frage kommenden Auktionen nachgewiesen werden.



[1] Registrar GNM, Zugangsregister, Inventarbuch, Inventarkarte zu Pl.O. 2800 (Kaufpreis 5.000 RM, zus. mit Ke 639, Ke 2068). – HA GNM, GNM-Akten K 133, Schriftwechsel Lockner mit Kohlhaußen, GNM, 18.7.1941 (Nr. 2043), 21.7.1941 (Nr. 2043, rückseitig), 31.7.1941 (Nr. 2220), 6.8.1941 (Nr. 2288), 11.8.1941 (Nr. 2340); GNM-Akten K 3411, Hauptmuseumsfonds Ausgabebelege 1941, Beleg Nr. 129/57, Frachtbrief, 30.7.1941, Beleg Nr. 146/59, Rechnung Lockner, 30.7.1941, Quittung Lockner, 9.8.1941.

[2] Antiquitäten, Mobiliar, Skulpturen, Keramik, Textilien, Glasgemälde, Bronzen, Kleinkunst, ostasiatische Kunst: alte Gemälde und Kupferstiche, historische Schutz- und Trutzwaffen (Katalog Nr. 1868). Aukt.Kat. Rudolph Lepke’s Kunst-Auctions-Haus, Berlin, 24.–25. Mai 1921, URL: https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/lepke1921_05_24 [31.08.2018], Los-Nr. 270.

[3] Alte und neue Bilder, Kunstgewerbe, Mittelalter bis Gegenwart: Silber, Porzellan, mittelalterliche Gefäße, Möbel, Teppiche, Bronze; Originalentwürfe des deutschen Schulvereines usw. Aukt.Kat. Wiener Kunstversteigerungshaus Adolf Weinmüller, Wien, 8.–9. Juli 1940, URL: https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/weinmueller_wien1940_07_08 [31.08.2018], Los-Nr. 478. – Für Auskünfte zu Einlieferer, Käufer und Preis danke ich Susanne Zwick, DZK, Magdeburg, Email vom 16.12.2015.

[4] S. die Homepage der Kunsthandlung Lockner, URL: http://www.lockner.de/chronik.php [3.3.2015].

[5] Staatsarchiv Würzburg, Spruchkammerakte 6184, Meldebogen, 20.5.1946, Arbeitsblatt, 21.2.1947. – Für Auskünfte zu Lockner danke ich Ingrid Heeg-Engelhart, StA Würzburg und Christine Bach, Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern, Email vom 9.2.2018.

[6] Staatsarchiv Würzburg, Akte Gestapostelle Würzburg 6316, Aus- und Wiedereinreisegenehmigungen zu Geschäftsreisen nach Italien und Ungarn 1940 und 1941.

[8] S. den Eintrag in der LostArt-Datenbank http://www.lostart.de/Webs/DE/Provenienz/AuktionSuche.html?cms_param=AUKTION_ID%3D254%26AOBJ_ID%3D-1%26SUCHE_ID%3D23806759%26_page%3D0%26_sort%3D%26_anchor%3Did5638 ; http://www.lostart.de/Webs/DE/Provenienz/AuktionSucheErgebnis.html?cms_param=SUCHE_ID%3D23806759 [16.11.2015] . – Landesarchiv Berlin, A Rep. 243-04, Nr. 69, Auktionshaus Paul Graupe, Auktion vom 18.6.1936, 19.6.1936, 20.6.1936, 20./21.10.1936.

Bearbeitung
AE