Fayenceteller, 1701-1715 (Anfang 18. Jh.) (Ke 1743)

Fayenceteller, 1701-1715 (Anfang 18. Jh.) (Ke 1743)
Inv.Nr.
Ke 1743
Inv.Nr. (alt)
HG 9901
Fremd-Inv.Nr.
262 (Slg. Levi)
Zugangsregisternr.
ZR 1944/23
Material
Hanauer Fayence, Blaumalerei
Maße
Höhe 2,6 cm
Durchmesser 25 cm
Sammlung
Kunsthandwerk bis 1800
Objektuntersuchung
auf Unterseite vier Aufkleber: weißer, rechteckiger Aufkleber, Schreibmaschine: „Stiftung v. Volckammer“ [sic], direkt darüber weißer, rechteckiger Zettel/Aufkleber mit Umrandung und Vordruck in Schwarz: "Fayencen-Sammlung / Guido von Volckamer / München-Gern / Marke: [nichts eingetragen]". Außerdem kleiner, rechteckiger Aufkleber mit blauem Dekor und schwarzem Druck "Sammlung / Dr. O. / Grossmann / Frankfurt-M." und Aufkleber mit gezahntem Rand, schwarzem Rahmen, darin hs. in schwarzer Tinte "G.E / B.E."; Aufschrift auf der Glasur in verblassten schwarzer Farbe vmtl. "Harsdörffer" und "Levy" [Igo Levi?]
DatumProvenienz
vor 1930Otto Grossmann, Frankfurt a.M., erworben von Unbekannte(r) Vorbesitzer [1]
zwischen vor 1930 und 21.01.1936Verbleib unbekannt
21.01.1936Guido von Volckamer, München, erworben durch Kauf von Igo Levi, Nürnberg [2]
Mai 1941Germanisches Nationalmuseum, erworben durch Schenkung von Guido von Volckamer[3]
Die Provenienz für den Zeitraum 1933 bis 1945 ist bedenklich, es liegen Verdachtsmomente vor.

Das Objekt kam 1941 mit der Sammlung Volckamer ans Haus. Volckamer hatte es 1936 vom Nürnberger Unternehmer Igo Levi erworben: In seinem Tagebuch vermerkte Guido von Volckamer am 21. Januar 1936, er habe an diesem Tag mehrere Objekte „[…] von der in Auflösung begriffenen großen Fayencen Sammlung des Igo Levi in Nürnberg, Gibitzenhoferstr. 84, angekauft“, darunter ein Hanauer „Teller mit dem Wappen der Nbgr. Patrizierfamilie Harsdörfer“ (Inv.Nr. der Slg. Levi: 262). Aus dem Tagebucheintrag geht der Kaufpreis nicht eindeutig hervor.[4] Der Teller ist auf der Unterseite bezeichnet mit „Levy“.

Insgesamt erwarb Volckamer 12 Objekte, von denen er eines laut Tagebucheintrag zurückgab. Drei Objekte lassen sich im Museumsbestand identifizieren (Ke 1495, Ke 1743, Ke 1507), für weitere fünf lässt sich die Identität lediglich vermuten (Ke 1751, Ke 1752, Ke 1705, Ke 1681, Ke 1591). Vier Objekte konnten nicht im Museum nachgewiesen werden.

Igo Levi wurde in der NS-Zeit verfolgt. Seit dem frühen 20. Jahrhundert hatte er eine der größten Fayence-Sammlungen in Deutschland zusammengetragen. Sie wurde 1938 beschlagnahmt, Igo Levi wurde verhaftet. 1939 gelang ihm gemeinsam mit seiner Familie die Emigration in die Schweiz. Bereits vor 1933 hatte Levi Teile der Sammlung an die Stadt Nürnberg verkauft. Die genauen Umstände und Gründe für den Verkauf 1936 konnten bislang nicht endgültig geklärt werden.

Laut rückseitigem Aufkleber befand sich der Teller ursprünglich in der Sammlung von Sanitätsrat Otto Grossmann in Frankfurt. Sie wurde in zwei Auktionen am 27./28. Mai 1930 und am 9./10. Dezember 1930 bei Hugo Helbing in Frankfurt versteigert.[5] Der Teller wurde in keiner der beiden Auktionen angeboten.

 

Siehe zu Igo Levi:

Anja Ebert: Die Sammlung Igo Levi – „Versteigert“ im Germanischen Nationalmuseum? In: Gekauft – Getauscht – Geraubt? Erwerbungen zwischen 1933 und 1945. Bearb. von Anne-Cathrin Schreck, Anja Ebert, Timo Saalmann. Ausst.Kat. Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg. Nürnberg 2017, S. 180–199, URL: http://books.ub.uni-heidelberg.de/arthistoricum/catalog/book/392.



[1] Laut rückseitigem Aufkleber, s. Objektuntersuchung. – Otto Grossmann verstarb 1930.

[2] Bibliothek GNM, NL Guido von Volckamer, Hs 140263, Tagebuch 1936, S. 4–5: „21. [Januar 1936] Aus dem Erlös einer am 21.XII.1935 erlösten Bayer. Komm.Samml.Abl.Anleihe nachstehende kleine Nürnberger Fayencen Sammlung mit Nürnberger Patrizier Stücken von der in Auflösung begriffenen großen Fayencen Sammlung des Igo Levi in Nürnberg, Gibitzenhoferstr. 84, angekauft. Beleg 11“, S. 7: „21. [Januar 1936] Dienstag: Von 10 ½ bis 1 Uhr bei Igo Levi Gibitzenhofstr. 84 wegen Ankauf von Nürnberger Fayencen […]“; s. auch S. 5, 7, 8, Einträge vom 23.1., 28.1. und 30.1.1936. – Anstelle eines Preises ist im Eintrag vom 21.1.1936 lediglich ein Gedankenstrich verzeichnet, so dass unklar ist, ob der Preis identisch mit dem des vorausgehenden Eintrags ist (dies wären 200 RM) oder es sich um ein Geschenk handelte.

[3] Registrar GNM, Zugangsregister, Inventarbuch, Inventarkarte zu Ke 1743, HG 9901. – Im Testament vom 29.11.1940 vermachte Volckamer seine Sammlung dem GNM, HA GNM, GNM-Akten K 39, Stifter S–Z, Nr. 106, Abschrift des Testaments. – Zum Zeitpunkt des Erwerbs des Nachlasses Volckamer durch das GNM s. allgemein Horst Pohl: Guido v. Volckamer und seine Sammlungen. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg 52, 1963, S. 554–559, hier S. 558. – Der Großteil der Sammlung wurde im Museum erst 1942 bzw. 1944 im Zugangsregister verzeichnet und inventarisiert. Andere Objekte waren als Tauschabgaben vorgesehen oder wurden in der Nachkriegszeit inventarisiert.

[4] Wie Anm. 2.

[5] Nachlass Richard Seligsohn, Sammlung San.-Rat Dr. J. H., Frankfurt a. M., aus der Sammlung San.-Rat Dr. Otto Grossmann und anderer Privatbesitz: ostasiatische Kunst: Frühkeramik, Porzellane, Bronzen; europäische Kunst: Plastiken des Mittelalters und der Renaissance, alte und moderne Gemälde; kostbare Lederarbeiten des Mittelalters und der Renaissance; Fayencen, Porzellane, Zinn, Glas, Teppiche. Aukt.Kat. Hugo Helbing, Frankfurt, 27.–28. Mai 1930, URL: http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/helbing1930_05_27 [31.08.2018]. – Nachlass San.-Rat Dr. O. Grossmann, Frankfurt a. M., Nachlass Louis Marx, Frankfurt a. M., Sammlung v. Neufville und anderer Privatbesitz, Sammlung Prof. Alex. Linnemann, Frankfurt a. M.: Plastik der Gotik und der Renaissance, Kleinplastik des Barock, byzantinisches Kreuz, antikes Kunstgewerbe, Silber, antike Möbel, frühgotische Scheiben und Schweizer Scheiben, alte und moderne Gemälde. Aukt.Kat. Hugo Helbing, Frankfurt, 9.–10. Dezember 1930, URL: http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/helbing1930_12_09[31.08.2018].

Bearbeitung
AE