Kaendler, Johann Joachim (1706-1775), Grüßender Harlekin, um 1740 (Ke 638)
Datum | Provenienz |
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spätestens 28.10.1939 | Werner (Kunst- und Antiquitätenhandlung Gustav Werner), Leipzig, erworben von Unbekannte(r) Vorbesitzer [1] |
06.12.1939 | Germanisches Nationalmuseum, erworben durch Kauf von Werner (Kunst- und Antiquitätenhandlung Gustav Werner)[2] |
Die Meißner Harlekinfigur wurde im Dezember 1939 bei der Kunst- und Antiquitätenhandlung Gustav Werner in Leipzig für 1.850 RM erworben. Im Oktober dieses Jahres hatte Werner dem Museum Fotos der Figur zur Ansicht geschickt, die sich offenbar bereits damals in seinem Besitz befand.
Forschungen zur Kunsthandlung Gustav Werner haben gezeigt, dass diese „im Zeitraum 1933 bis 1945 […] maßgeblich am Erwerb und Verkauf von Kunstgegenständen aus jüdischem Eigentum in Leipzig beteiligt“ war.[3] Der Sohn des Gründers, Georg Werner – seit 1907 in der Kunsthandlung tätig und ab 1941 deren Geschäftsführer –, fungierte in der NS-Zeit als Sachverständiger des Reichspropagandaministeriums für Kunstgut.
In Unterlagen und einer Datenbank des Sächsischen Staatsarchivs zu den Leipziger Versteigerungshäusern Hans Klemm und Hermann Thiemig und deren Aktivitäten bei der Verwertung NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, bei denen auch die Kunsthandlung Gustav Werner als Käufer auftrat, konnte die Figur nicht nachgewiesen werden.[4]
Die Figur ist nicht identisch mit dem Meißner Harlekin der Sammlung Emma Budge, der eine abweichende Bemalung aufweist.[5] Weitere Meißner Harlekinfiguren in Auktionen können ebenfalls aufgrund der abweichenden Bemalung oder der zu summarischen Beschreibung nicht beziehungsweise nicht sicher der Figur des Germanischen Nationalmuseums zugeordnet werden.[6]
Aufgrund der Herkunft aus der Kunsthandlung Gustav Werner besteht der Verdacht, dass es sich um NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut handeln könnte.
[1] HA GNM, GNM-Akten K 132, Ankaufsakten 1939, Werner an Kohlhaußen, GNM, 28.10.1939 (Nr. 4706).
[2] Registrar GNM, Zugangsregister, Inventarbuch, Inventarkarte zu Ke 638, HG 9348 (Kaufpreis 1.850 RM). – HA GNM, GNM-Akten K 132, Ankaufsakten 1939, Schriftwechsel Werner mit Kohlhaußen, GNM, 28.10.1939 (Nr. 4706), 2.11.1939 (Nr. 4706, rückseitig), 16.11.1939 (Nr. 4873), 22.11.1939 (Nr. 4940), 24.11.1939 (Nr. 4997), 29.11.1939 (Nr. 4997, rückseitig), 8.12.1939 (Nr. 5080); GNM-Akten K 6765, Hauptmuseumsfonds Ausgabebelege 1939, Beleg Nr. 231/63, Rechnung Werner, 30.11.1939, Quittung Werner, 14.12.1939.
[3] S. hierzu und zum Folgenden Petra Knöller: Das Kunstgewerbemuseum zu Leipzig und die Kunsthandlung Gustav Werner – Beteiligte an der Aneignung von Kunsteigentum jüdischer Bürger. In: Monika Gibas (Hrsg.): „Arisierung“ in Leipzig. Annäherung an ein lange verdrängtes Kapitel der Stadtgeschichte der Jahre 1933 bis 1945 (Geschichte – Kommunikation – Gesellschaft 4). Leipzig 2007, S. 242–261, Zitat S. 249. – S. außerdem Thomas Ahbe: Das Versteigerungshaus Hans Klemm und die Ausplünderung der Leipziger Juden im „Dritten Reich“. Opfer – Täter – Nutznießer. In: Susanne Schötz (Hrsg.): Leipzigs Wirtschaft in Vergangenheit und Gegenwart. Akteure, Handlungsspielräume, Wirkungen. Leipzig 2012, S. 295–325, URL: http://www.thomas-ahbe.de/arisierung_versteigerungshaus_klemm.pdf [05.02.2017]. – Für Auskünfte zur Kunsthandlung Gustav Werner danke ich Monika Gibas, Magdeburg, Email vom 22.3.2017.
[4] Für Recherchen in der Datenbank danke ich Volker Jäger, Leipzig, Email vom 23.5.2017. S. dazu auch https://www.kulturgutverluste.de/Content/03_Forschungsfoerderung/Projekt/Saechsisches-Staatsarchiv-Staatsarchiv-Leipzig/Projekt1.html [10.05.2017]. – Im SächsStA Leipzig gesichtet wurden: Akten Devisenstelle, Nr. 667; OFP, Akten Devisenstelle, Nr. 669; 20979-01, 02, 12, 13, 15, 22–27, 29–31, 34, 36–46, 48–66 sowie 29908, Spezialinventar zum Versteigungshaus Klemm. – Auch in Korrespondenz des Museums der bildenden Künste Leipzig zu Ankäufen Werners ca. 1939 wird die Figur nicht erwähnt, StadtA Leipzig, Kap. 31, Nr. 51, Bd. 5, Museum der bildenden Künste. – Auch StadtA Leipzig, Akte Kap. 33A, Amt für Kunst und Kunstpflege Nr. 7, Bd. 2, B. 312f., Sachverständiger für Kunstgut enthält keinen Hinweis auf die Figur des GNM.
[5] Die Sammlung Emma Budge †, Hamburg. Aukt.Kat. Paul Graupe, Berlin, 27.–29. September 1937, Losnr. 810, URL: https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/graupe1937_09_27/0154, https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/graupe1937_09_27/0324 [15.02.2017].
[6] S. Die Sammlung List, Magdeburg: europäisches Kunstgewerbe des 13. bis 18. Jahrhunderts. Aukt.Kat. Hans W. Lange, Berlin, 28.–30. März 1939, Losnr. 916, URL: http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/lange1939_03_28/0128 [15.02.2017]. – Villen-Einrichtung und Kunstbesitz S.: kompl. Zimmer, Einzelmöbel, Orient-Teppiche, Gemälde, Kunstgewerbe, Porzellan, Steinway & Sons-Flügel. Versteigerungshaus Union, Berlin, 26. April 1938, Losnr. 39, URL: http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/union1938_04_26/0007 [15.02.2017]. – Nachlass aus ungarischem Adelsbesitz und Wiener Patrizierbesitz. Gemälde alter und neuerer Meister, Aquarelle, Miniaturen, Antiquitäten, Porzellan (Vieux-Saxe und Alt-Wien), Bronze, Silber, antikes und Stilmobiliar [...] (Katalog Nr. 143). Auktionshaus Albert Kende, Wien, 13.–15. April 1937, Losnr. 242, URL: http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/kende1937_04_13/0020 [15.02.2017]. – Kollektion Mr. Francis M. Baer, London: Harlekins, Kolombinen und Gestalten aus der italienischen Komödie in Porzellan sowie einige Tapisseriebilder. Aukt.Kat. Hugo Helbing, München, 12. März 1913, Losnr. 1, 2, URL: https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/helbing1913_03_12/0011, https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/helbing1913_03_12/0012 [15.02.2017]. – Auch die auf LostArt gesuchten Figuren können aufgrund ihrer Beschreibung nicht identisch mit der des GNM sein, s. http://www.lostart.de/DE/Verlust/531555 [15.02.2017]; http://www.lostart.de/DE/Verlust/439489; http://www.lostart.de/DE/Verlust/568784 [15.02.2017].