Crailsheim, Crailsheimer Walzenkrug, Mitte 18. Jh. (HG 9318 (ehem.))
Datum | Provenienz |
---|---|
spätestens 1938 | Igo Levi, Nürnberg, erworben von Unbekannte(r) Vorbesitzer [1] |
November 1938 | beschlagnahmt durch Deutsche Arbeitsfront, Nürnberg [2] |
1939 | in (vermutlich eingeschränkter) Verfügungsgewalt von Friedrich Bergold, Nürnberg [3] |
1939 | Germanisches Nationalmuseum, erworben durch Kauf von Friedrich Bergold[4] |
1947 | restituiert an Igo Levi, Nürnberg [5] |
NS-verfolgungsbedingt entzogen
Bei diesem Objekt handelt es sich um NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut: Es stammt aus der 1938 beschlagnahmten Sammlung Levi, aus der das Museum 1939 insgesamt 20 Fayencen erwarb (HG 9304 (ehem.), HG 9305 (ehem.), HG 9307 (ehem.), HG 9308 (ehem.), HG 9309 (ehem.), HG 9310 (ehem.), HG 9311 (ehem.), HG 9312 (ehem.), HG 9313 (ehem.), HG 9314 (ehem.), HG 9315 (ehem.), HG 9317 (ehem.), HG 9318 (ehem.), HG 9319 (ehem.), HG 9320 (ehem.), HG 9321 (ehem.), HG 9322 (ehem.), Ke 304, Ke 305, Ke 511).
1947 wurden die 20 Fayencen an Igo Levi restituiert und befanden sich anschließend als Leihgaben im Museum. 10 Fayencen wurden 1949 an Levi zurückgegeben (HG 9307 (ehem.), HG 9308 (ehem.), HG 9309 (ehem.), HG 9313 (ehem.), HG 9314 (ehem.), HG 9317 (ehem.), HG 9319 (ehem.), HG 9320 (ehem.), HG 9321 (ehem.), HG 9322 (ehem.)). Über den Verbleib der weiteren wurde ein Leihvertrag geschlossen,[6] sie wurden später zu einem unbekannten Zeitpunkt zurückgegeben – bis auf drei Fayencen, die sich heute noch im Germanischen Nationalmuseum befinden: Ke 304 und Ke 511 wurden 1950 beziehungsweise 1952 im Tausch erworben (ZR 1950/41, ZR 1952/17), Ke 305 erhielt das Museum 1950 von Igo Levi zum Geschenk (ZR 1950/42).
HG 9318 ist möglicherweise identisch mit einem Objekt, das 1962 in der Nachlass-Versteigerung der (nach 1945 neu zusammengetragenen) Sammlung Igo Levi unter Los-Nr. 244 angeboten wurde: „Walzenkrug. Hafnerkeramik. Fayenceglasur auf braunem Bleiglanzfond. In bunten Muffelfarben bemalt: Liebespaar, sich begegnend und einander Blumen präsentierend. Am Boden Blumen, seitlich chinesische Stauden, oben ein bunter Vogel und Insekten. Glatte Zinnmontierung mit Nürnberger Stadtzeichen. Um 1750. H. 16,5 bzw. 22,5 cm. Ähnliche Stücke wie Nr. 244 und 245 nur in den Museen in München, Nürnberg und Hamburg“.[7] Welches Stück in Nürnberg hier gemeint ist, ist unklar. Möglicherweise handelt es sich um eine Verwechslung und die Bemerkung bezieht sich auf das ehemals im Germanischen Nationalmuseum befindliche Objekt der Sammlung Levi.
Siehe dazu:
Anja Ebert: Die Sammlung Igo Levi – „Versteigert“ im Germanischen Nationalmuseum? In: Gekauft – Getauscht – Geraubt? Erwerbungen zwischen 1933 und 1945. Bearb. von Anne-Cathrin Schreck, Anja Ebert, Timo Saalmann. Ausst.Kat. Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg. Nürnberg 2017, S. 180–199, URL: http://books.ub.uni-heidelberg.de/arthistoricum/catalog/book/392.
[1] Die Sammlung Levi wurde im November 1938 von der Deutschen Arbeitsfront in Nürnberg beschlagnahmt, s. dazu den o.g. Beitrag und die folgende Anmerkung.
[2] S. dazu StAN, Rep. 225/34, WB IIIa 3317, Wiedergutmachungsakte Levi; Rep. 218/1 II Staatspolizeistelle Nbg.-Fürth, Arisierungsakten, Nr. 39, XI/53 c, Bl. 53A, 54A, 55A, Niederschrift der Vernehmung von Igo Levi durch die Staatspolizei Nbg.-Fürth, 30.1.1939. – HA GNM, GNM-Akten K 421, Verschiedenes 1938/39, Kohlhaußen, GNM, an Adolf Feulner, 13.2.1939 (Nr. 691).
[3] Die genaue Rolle von Friedrich Bergold in der Veräußerung der Sammlung Levi ist unklar. Bergold war nach der Verhaftung Levis in der Pogromnacht 1938 von den NS-Behörden als Treuhänder in Levis Betriebe eingesetzt worden. Nach der Beschlagnahme der Sammlung setzte er sich offenbar dafür ein, dass der Erlös aus dem Verkauf für die Bezahlung einer Betriebsstrafe und weiterer diskriminierender Abgaben Levis verwendet wurde, s. dazu StAN, Rep. 225/34, WB IIIa 3317, Wiedergutmachungsakte Levi.
[4]Registrar GNM, Zugangsregister, Inventarbuch, Inventarkarte zu HG 9318. Zum Ankauf des Konvoluts hat sich eine Rechnung mit Einzelposten erhalten, s. HA GNM, GNM-Akten K 3226, Hauptmuseumsfonds Ausgabebelege 1938, Beleg Nr. 339, Rechnung Bergold, 13.2.1939, Quittung Bergold, 23.3.1939. Der tatsächlich bezahlte Kaufpreis betrug nur 37% der dort angegebenen Summe. Im Fall von HG 9318 sind auf der Rechnung 300 RM ausgewiesen, an Bergold wurden 111 RM gezahlt. Bergold gab nach dem Krieg an, die Rechnung nicht selbst ausgestellt zu haben, s. StAN, Rep. 225/34, WB IIIa 3317, Wiedergutmachungsakte Levi, Bl. 110–114, Kanzlei Arnold an Wiedergutmachungskammer des LG Nürnberg-Fürth, 15.5.1956.
[5] Registrar GNM, Akte Levi. – Das Objekt befand sich nach der Restitution bis mindestens 1949 als Leihgabe im Museum, s. Leihvertrag, 15.9.1949. Zu einem unbekannten Zeitpunkt wurde es an Levi zurückgegeben.
[6] Registrar GNM, Akte Levi, Leihvertrag, 15.9.1949. Im Leihvertrag nicht enthalten ist HG 9305, es gehört aber lt. Inv.buch ebenfalls zu den Leihgaben von 1949.
[7]Süddeutsche Fayence- und Hafnerkunst des 16. bis 18. Jahrhunderts. Freiwillige Versteigerung Sammlung Igo Levi, Luzern (Katalog 89). Bearb. von Eberhard von Cranach-Sichart. Aukt.Kat. Weinmüller/Münchener Kunstversteigerungshaus Rudolf Neumeister, 11.–12. April 1962, Los-Nr. 244, Taf. 105. – Heike Zech, Nürnberg, danke ich für Auskünfte zu HG 9318.