Deutschland, Fundort unbekannt, Brettspielstein mit Kamel unter Palme, 11. Jh. (Pl.O. 2792)

Deutschland, Fundort unbekannt, Brettspielstein mit Kamel unter Palme, 11. Jh. (Pl.O. 2792)
Inv.Nr.
Pl.O. 2792
Zugangsregisternr.
ZR 1941/6
Material
Bein, geschnitzt
Maße
Durchmesser 4,2 cm
Höhe 0,6 cm
Sammlung
Skulptur bis 1800
Objektuntersuchung
kein Befund
DatumProvenienz
16.02.1941Germanisches Nationalmuseum, erworben durch Kauf von Kieslinger (Kunsthandlung Franz Kieslinger)[1]
Die Provenienz für den Zeitraum 1933 bis 1945 ist bedenklich, es liegen Verdachtsmomente vor.

Aufgrund des Erwerbs nach dem „Anschluss“ Österreichs sowie der Herkunft von Franz Kieslinger kann ein NS-verfolgungsbedingter Entzug nicht ausgeschlossen werden. Kieslinger war unter anderem mit der Beschaffung jüdischen Kunstbesitzes für das Wiener Auktionshaus Dorotheum befasst sowie seit September 1938 als Geschäftsführer des durch Adolf Weinmüller, München, „arisierten“ Auktionshauses S. Kende in Wien. Während des Krieges war er für die „Dienststelle Mühlmann“ in den besetzten Niederlanden tätig.

Den Brettstein erwarb Museumsdirektor Heinrich Kohlhaußen bei einem Besuch bei Kieslinger in Wien. Bei dieser Gelegenheit zeigte Kieslinger Kohlhaußen Fotos aus Amsterdam, die möglicherweise mit seiner Tätigkeit bei der Dienststelle Mühlmann in Zusammenhang stehen. Kohlhaußen bedankte sich in einem Schreiben bei Kieslinger: „Sie haben mir so viel Schönes gezeigt und vor allen Dingen war die Durchsicht der Amsterdamer Fotos mit Ihren Erläuterungen sehr wertvoll.“ Im selben Schreiben erwähnt er auch den „romanischen Brettstein […], den Sie mir freundlichst für unsere Sammlungen überließen.“[2] Ein Hinweis, dass der Brettstein aus den Niederlanden stammt, findet sich jedoch nicht.

Der Spielstein lässt sich nicht in Auktionen bei Kende 1937 und 1938 beziehungsweise bei Kendes „Ariseur“, dem Wiener Kunstversteigerungshaus Adolf Weinmüller 1938 bis 1941 nachweisen, dessen Mitarbeiter Kieslinger war. Auch im sogenannten VLUG-Report von 1945 zur Dienststelle Mühlmann, für die Kieslinger tätig war, taucht der Spielstein nicht auf (von Jean Vlug, Angehöriger der niederländischen Armee, für das Niederländische Restitutionskomitee erstellter Bericht, der verschiedene Listen von der Dienststelle Mühlmann beschlagnahmter bzw. angekaufter Objekte enthält).[3]

In den Ausfuhrpapieren im Bundesdenkmalamt Wien ist der Brettstein nicht nachweisbar. Er ist auch nicht in Goldschmidt 1914–1918 verzeichnet.[4]

 


[1] Registrar GNM, Zugangsregister, Inventarbuch, Inventarkarte zu Pl.O. 2792 (Kaufpreis 200 RM). – HA GNM, GNM-Akten K 133, Ankaufsakten 1940/41, Schriftwechsel Kieslinger mit Kohlhaußen, GNM, 24.2.1941 (Nr. 556), 3.3.1941 (Nr. 649); GNM-Akten K 3326, Hauptmuseumsfonds Ausgabebelege 1940/41, Beleg Nr. 222/43, Rechnung Kieslinger, 20.2.1941.

[2] HA GNM, GNM-Akten K 133, Ankaufsakten 1940/1941, Kohlhaußen, GNM, an Kieslinger, 24.2.1941 (Nr. 556).

[3] S. die digitalisierte Version unter http://www.lootedart.com/NITGVN553841.

[4] Adolph Goldschmidt: Die Elfenbeinskulpturen aus der Zeit der karolingischen und sächsischen Kaiser, 8.–9. Jahrhundert. 4 Bde. Berlin 1914–1918.

Bearbeitung
AE (Text und Recherche)
TS (Recherche)